Seitdem ich angefangen habe so zu trainieren, macht lernen mir wieder Freude und ich kann mich nun endlich mit meinen Mitspielern unterhalten.
REAL MADRID / ARSENAL FC FUSSBALLER
Wer Mesut Özil besuchen will muss weit aus Madrid herausfahen. In
einem Vorort, von Schranken und Wächter abgeschirmt, führt der Weg
durch eine große Parkanlage. Auf den Hügeln glänzen Villen in der
Abendsonne, nur wenige Autos fahren. Sein Haus, ganz in weiß, liegt
hinter einer weißen Mauer. An der Klingel steht kein Name, aber eine
kleine Kamera kontrolliert, wer hinein will.
650
Quadratmeter Wohnfläche hat die Villa, einen Außen-Pool, sogar einen
kleinen Fußballplatz mit Toren. „Hier übe ich meine Hackentricks“,
scherzt Özil, als er die BILD-am-SONNTAG-Reporter hereinbittet.
Ein
Tischfußballspiel steht in der Eingangshalle. Die Spieler tragen weiße
Trikots (Real) und blau-rote (Barcelona). An der Treppe, dem Spiegel,
den Türen kleben bunte Post-it-Zettel mit den spanischen Begriffen. Sie
sollen Özil helfen, die fremde Sprache zu lernen.
BILD am SONNTAG: Herr Özil, die spanischen Medien
überschlagen sich vor Begeisterung, Ihr Trainer José Mourinho nennt Sie
„magisch“. Präsident Florentino Perez sagt, Sie können der größte Spieler von Real überhaupt werden.
Mesut Özil: Oh, das wusste ich alles gar nicht. Zeitung lese ich nur selten. Aber ich fühle mich geehrt. Es läuft sehr gut im Moment...
Kommt Ihnen Ihr Leben beim größten Klub der Welt eigentlich manchmal wie ein Traum vor?
Am Anfang war es schon so, dass ich dachte, ich träume das alles nur. Aber mittlerweile bin ich aufgewacht.
Wie sieht ein Tag von Mesut Özil bei Real aus?
Ich fahre meist gegen 9.15 Uhr los zum Trainingsgelände – ohne Navigationsgerät! Um 10.00 oder 10.30 Uhr ist Training, das dauert etwa 90 Minuten. Danach mache ich für mich eine Zusatzschicht, meistens Krafttraining. Gegen 14.00 Uhr bin ich wieder zu Hause und esse. Dann lerne ich Spanisch. Und abends gehe ich mit Freunden in der Stadt essen und manchmal danach noch etwas trinken.
Was macht Real zum größten Klub der Welt?
Die perfekte Organisation. Wir Spieler müssen uns hier nur auf den Fußball konzentrieren, alles andere übernimmt der Verein. Nach dem Training stehen beispielsweise in der Kabine Getränke bereit, es gibt geschnittenes Obst...
Haben Sie einen Leibwächter?
Nein, den brauche ich nicht. Ich kann mich frei bewegen, auch wenn ich angesprochen werde, wenn ich in ein Restaurant gehe. Ich will ja die Stadt kennenlernen und ein selbstständiges Leben führen.
Haben Sie eine Köchin oder Haushaltshilfe?
Ich gehe oft essen, aber ich habe auch jemanden, der für mich kocht und im Haushalt hilft.
Real besteht fast nur aus Superstars. Gibt es überhaupt ein Mannschaftsgefühl?
Die Mannschaft ist sehr geschlossen. Alle wollen erfolgreich sein, dafür unterstützt jeder jeden. Fällt einer aus, ist ein anderer da. Das ist wie eine kleine Familie.
Ihr Trainer José Mourinho sieht immer sehr ernst und streng aus. Versteht er Spaß?
Sehr viel sogar. Im Training und in der Kabine wird viel gelacht. Mourinho spricht sehr viel mit uns, er lobt, aber sagt auch sehr deutlich, was wir besser machen müssen.
Mourinho spricht nur Spanisch mit den Spielern. Wie gut verstehen Sie ihn?
Ich verstehe schon viel, wenn er Besprechungen macht. Sprechen ist schwieriger, aber das wird besser. Ich lerne sehr intensiv.
Sie liegen abends auf dem Sofa und pauken Vokabeln?
Ja, das kommt vor. Ich muss auch Hausaufgaben erledigen. Je nachdem wie viele Spiele wir haben, lerne ich dreimal pro Woche jeweils fünf Stunden.
Fünf Stunden stures Pauken?
Nein, ich lerne auf spielerische Art. Wir gehen zusammen einkaufen, spielen Rollenspiele. Oder ich bestelle in einem Restaurant auf Spanisch. Es ist so abwechselnd, dass die Zeit verfliegt.
Sprechen Sie in der Kabine schon Spanisch?
Na ja, manchmal schon. Zum Einstand musste ich eine Rede halten. Ich habe gesagt, wie stolz ich bin, für Real zu spielen. Dass ich allen viel Glück und Gesundheit wünsche. Alles auf Deutsch, keiner hat also etwas verstanden. Trotzdem haben mich die Jungs hinterher gefeiert.
Sie haben sich also schnell im Team eingelebt?
Gleich am ersten Tag. In der Kabine kamen alle zu mir und haben gesagt, dass sie sich freuen, dass ich da bin.
Auch Cristiano Ronaldo?
Auch er.
Auf Fotos hat Ronaldo immer einen perfekt geformten Körper. Verraten Sie doch mal, hat er wirklich so viele Muskeln?
Ja, er hat schon sehr viele Muskeln...
Neidisch?
Nein, überhaupt nicht. Er ist da eben sehr fleißig. Überhaupt arbeitet er unglaublich viel und hart. Er ist immer der letzte, der nach dem Training in die Kabine kommt. Und er ist auch der letzte, der die Kabine verlässt.
Wie viele Ronaldo-Trikots mussten Sie denn schon für Freunde besorgen?
Erst eins, die meisten Kumpels wollen zum Glück mein Trikot haben.
Haben Sie Freunde gefunden in der Mannschaft?
Mit Marcelo und Higuaín gehe ich öfter etwas essen. Und natürlich mit Sami Khedira. Wir haben zwei, drei Stammlokale, in die wir gehen. Das spanische Essen ist sehr, sehr gut.
Wie viele Titel können Sie diese Saison holen?
Viele! Meisterschaft, Pokal, Champions League – der größte Verein der Welt will alle Titel holen. Das Potenzial ist sehr groß, wir sind auf einem guten Weg. Das wollen wir am Montag gegen Barcelona beweisen.
Die Begegnung heißt in Spanien nur „El Clásico“. Ist Ihnen die Bedeutung bewusst?
Es ist das größte Derby der Welt, alle schauen zu. Das wird ein geiles Spiel!
Kann es nach Real überhaupt noch einen anderen Klub geben?
Daran denke ich jetzt nicht. Ich habe einen Vertrag über sechs Jahre und bin sehr stolz, hier zu spielen. Jetzt gerade kann ich mir keinen anderen Verein vorstellen.
Verfolgen Sie die Bundesliga noch?
Natürlich. Im Internet oder im TV, ich habe hier fast alle deutschen Sender.
Sie verzaubern Madrid, Ihr Ex-Klub Werder Bremen versinkt in einer Krise. Haben Sie Mitleid?
Es tut mir sehr leid, dass es nicht läuft. Aber ich bin überzeugt, dass sie da wieder rauskommen.
http://www.bild.de/sport/fussball/fussball-international/bams-besuch-bei...